Mit oder ohne Sattel? Wenn, dann aber bitte in Balance!

Mit oder ohne Sattel? Wenn, dann aber bitte in Balance!

Diesmal wechseln wir eine Etage höher und berichten vom Pferdrücken aus. In den vergangenen Monaten haben wir – beide Ranchgirls – spannende Erfahrungen gemacht und sind mittlerweile der Meinung, egal welche Disziplin du reitest, du solltest dein Pferd mindestens einmal in deinem Leben ein längere Phase von mehreren Wochen ohne Sattel reiten.

Warum kommen wir darauf? Im Blog „Versammlung & Meditation“ sprachen wir über unsere psychische, innere Mitte, wenn wir mit unseren Pferden zusammen sind. Jetzt aber geht es um unsere physische inneren Mitte – der Ausbalancierung beim Reiten.

Es begab sich so: unsere Jungs hatten gesundheitliche Probleme!

Dookydoo kam mit seinem neuen Sattel nicht zurecht, er drückte ihn bei schnellen Gangarten in die Lendenwirbelsäule. Twister laborierte mehrere Monate an einer Knieentzündung. Nachdem Beide von der Tierärztin unseres Vertrauens behandelt wurden, erhielten wir für die Phase der Regeneration – also nach dem Führen an der Hand – folgende Anweisungen: schonendes geradeaus reiten, keine engen Wendungen, am besten ohne Sattel! Einerseits musste Dookydoo’s Rücken geschont werden, andererseits musste bei Twister Gewicht reduziert werden, denn ein Westernsattel wiegt schon mal gerne um die 15kg.

Da aber der direkte Kontakt unserer Sitzknochen auf dem bloßen Pferderücken auch nicht optimal sind, Dookydoo noch dazu einen höheren Widerrist hat, ist es auch kein wirkliches Vergnügen, ohne Sattel zu reiten.

Positiv denken!

Also besorgten wir uns Reitpads, wunderschöne gibt’s übrigens zB bei der Pferdeflüsterei und lernten sie für die nächsten Monate lieben. Denn erstens sind sie herrlich leicht, zweitens spürt man jeden einzelnen Muskel des Pferdes und drittens, beginnt man richtiggehend zusammen zu wachsen bzw. fühlt es sich an, als würde man mit seinem Pferd in einer Haut stecken.

Die erste Herausforderung war das Aufsteigen ohne Steigbügel! Hier kam uns eine Übung gelegen, die wir bereits vom Boden aus erarbeitet hatten: „das Pferd seitlich an die Aufstiegshilfe/Zaun heran bitten“. Nach zwei Wochen im regelmäßigen Einsatz, wanderten unsere Jungs schon fast von alleine seitlich an uns heran, sobald wir auf der Aufstiegshilfe standen.

Beim Losreiten begannen wir mit geschlossenen Augen die Schrittfolge unseres Pferdes zu erfühlen. Setzt die Hinterhand des Pferdes an, nach vorne zu treten, senkt sich der Pferderücken. Wir lernten beide mit wesentlich subtileren Gewichtshilfen zu reiten und verbesserten unsere Ausbalancierung gewaltig. Aber unser Durst nach weiteren Tipps war geweckt und wir begannen nach dem Buch, „Reiten aus der Körpermitte“ von Sally Swift, zu trainieren.

Perfektion im Sattel

Ihre Beschreibungen und Illustrationen sind wunderbar: wir persönlich lieben „Eselsbrücken“ um uns Dinge zu merken – und diese liefert Sally Swift en masse.
Hier nur ein paar Beispiele aus ihrem Buch:

  • Mitgehender Sitz im Schritt: stell dir vor, du bist eine Tanne: aus deiner Körpermitte (im Sattel) wachsen Wurzeln in den Boden und dein Stamm strebt in die Höhe
  • Die Stärke der Zügelhaltung: stell dir vor, du hältst in jeder Hand ein kleines Vögelchen fest
  • Leicht Traben: stell dir eine Sprungfeder vor, die dich bei jedem 2. Tritt am Gürtel nach vorne/oben aus dem Sattel zieht
  • Durchparieren: stell dir vor, du lässt eine schwere Eisenkette von deiner Körpermitte durch das Pferd in den Boden sinken/ankern

Das Wissen über die eigene Anatomie und die des Pferdes, einzelne Bewegungsabläufe, unserer eigenen Energie und vielen hilfreichen Übungen haben uns ein schönes Stück weitergebracht. Wen also gerade eine gewisse Lust überkommt, das Buch zu lesen und mit Reitpad auszuprobieren – hier eine klare Kaufempfehlung von uns!

Unser Fazit – alles hat zwei Seiten!

Oder sogar mehrere Seiten?

Betrachten wir also „alles“ immer mindestens aus zwei Blickwinkeln. Für uns war diese Regenerations-Phase unserer Pferde tatsächlich ein wahrer Gewinn! Wir lernten ein besseres Gefühl für Gleichgewicht zu bekommen. Und noch viel besser: mit unserem Körper auf unser Pferd zu hören, um uns stärker zu synchronisieren.

Und Kopf hoch! Auch wenn Corona jeden einzelnen noch einige Zeit weiterhin mit voller Härte trifft, hoffen wir auf einen Frühling und Neuanfang des Gemeinsamen, auf eine neue Lebenseinstellung mit Rücksicht, Achtsamkeit und Wertschätzung im Umgang miteinander.

Alles wird gut 😉

Aus Liebe zum Pferd, Eure Ranchgirls

Können Pferde uns verzeihen?

Können Pferde uns verzeihen?

Ist ein Pferd eigentlich in der Lage, zu verzeihen, wenn es mit negativen menschlichen Erfahrungen konfrontiert wurde? Je mehr man sich mit Pferdekommunikation beschäftigt, desto eher erkennt man schnell inadäquates menschliches Verhalten. Ohje – so eine Erkenntnis ist wohl die bitterste Kehrseite des Lernens, oder? Auf der anderen Seite eine großartige Chance, zu einer grundlegenden, positiven Veränderung.

Da wir Menschen aber bekanntlich anders denken als Pferde, beginnt an diesem Punkt gerne mal die Selbstzerfleischung. Scham, Selbstzweifel und Versagensängste steigen in uns hoch. Und manche von uns sind wirklich gut daran, Schuld auf sich zu laden. Wir hinterfragen all unsere vergangenen misslungenen Bemühungen und erkennen die Fehltritte. Dabei hatten wir doch eigentlich nur die besten Absichten, nie waren wir absichtlich gemein oder brutal. Warum haben wir nicht schon viel früher gelernt, die leisen Anzeichen von Furcht und Angst zu lesen…

Vorweg, die Antwort lautet Ja!

Pferde können uns definitiv verzeihen. Mit einer Ausnahme! In Fällen von extremen Misshandlungen, kann es sehr lange dauern, bis sie wieder Vertrauen fassen. Pferde spiegeln unsere Interaktion – also wie wir agieren – oft sehr deutlich in ihrem Verhalten wider: Ponys, die von Kindern viel geärgert wurden, entwickeln schmerzhafte Unarten und beginnen vielleicht zu beißen. Manche Pferde, die von Erwachsenen malträtiert werden, buckeln diese ab, sind aber lammfromm, wenn kleine Kinder auf ihrem Rücken sitzen. Bei einigen Hufschmieden sind Pferde entspannt, bei anderen wiederum nicht.

Möglicherweise ist das Wort „verzeihen“ nicht gut gewählt. Tatsächlich geht es um Vertrauen. Um Sicherheit. Pferde haben sehr einfache Emotionen: Angst, Verwirrung oder Verlust. Sie haben keinen Frontal-Lappen im Gehirn wie wir. Dadurch ergibt sich bei uns Menschen ein super breites Spektrum an Emotionen: Liebe, Hass, Verlegenheit, Scham, Peinlichkeit, Mitleid…u.v.m, ja wir können sogar sie sogar kombinieren und zB gleichzeitig sarkastisch und falsch sein. Ups!

Das Gedächtnis bei Pferden ist stark

Zwar haben Pferde ein starkes Gedächtnis, aber aufgrund des fehlenden Frontal-Lappens hegen sie keinen Groll, noch schmieden sie irgendwelche Rachepläne. Dieses Thema haben wir auch in unserem VLog mit Warwick Schiller besprochen. Unter anderem auch, wie leicht wir dazu neigen, die Emotionen unserer Pferde zu vermenschlichen. ->Interview mit Warwick Schiller Aber Pferde leben im Hier und Jetzt in unserer nervenaufreibenden Welt. Sie sind damit beschäftigt, ihre Umwelt auf Gefahren zu scannen und trachten nach Sicherheit. Als Fluchttier denken sie in erster Linie an sich selbst. Und weil wir so komplex denken, erfinden wir sogar verrückterweise manchmal Geschichten, die wir für wahr halten wollen. Um uns nicht selbst die „Schuld“ für ihr Verhalten geben zu müssen und unsere Fellnasen in manchen Belangen für immer als verdorben zu erklären.

Dein Weg zum Vertrauen

Anstatt darin gefangen zu sein, ob und wie unsere Pferde uns verzeihen können, sollten wir Aktivitäten setzen, die positive Gehirnreaktionen in ihnen hervorruft, um ihr Vertrauen zu entwickeln.

  • Das beginnt ganz simpel damit, sicherzustellen, dass sie auf eine Art und Weise leben, die ihre Natur unterstützt – und nicht unsere Bequemlichkeit. Sie brauchen ausreichend Futter, die Gesellschaft anderer Pferde und genug Platz sich zu bewegen. Die schicke, neue warme Decke bedeutet Garnichts für ein Pferd, wenn es von seinen Artgenossen isoliert leben muss.
  • Schaffen wir neue Erfahrungen und „überschreiben“ die Festplatte! Pferde vergessen schlechte Erfahrungen nicht, trotzdem sollten wir diese alten Erlebnisse aus unserem Kopfkino streichen. Kein Pferd würde als Neuankömmling in der Herde umsichtiger behandelt werden, nur weil es misshandelt wurde. Speichern wir stattdessen neue, positive Trainingserfahrungen über die alten ab. Am leichtesten funktioniert das unserer Erfahrung nach mit Übungen vom Boden aus. Wer Anregungen möchte und neugierig ist: eine große Vielfalt dazu befindet sich in unserem Online Trainingsprogram.
  • Befehlen wir nicht mehr – angstbasiertes Training funktioniert nicht. Wir können stattdessen respektvoll fragen. Vergessen wir aber nicht, eindeutig in unserer Körpersprache zu sein. Vage Emotionen lesen Pferde als Unsicherheit, wie sollen sie da Vertrauen aufbauen?
  • Achten wir im Gegenzug auf die Körpersprache unserer Pferde. Lernen wir ihre Beruhigungssignale, um das Energielevel richtig zu dosieren und Stress zu vermeiden.
  • Legen wir ausreichend Pausen zwischen den Übungsschritten ein. In dieser Zeit entspannt unser Pferd, verarbeitet die neuen Erfahrungen und entwickelt weitere Neuropfade in seinem Gehirn.
  • Belohnen wir die Neugier unseres Pferdes. Neugier steht für geistige Gesundheit und Freude an Neuem, für Spaß und Spiel! Anstatt durch permanente Korrekturen den Fluchtmodus / Sympathikus zu aktivieren und in alte Muster zu fallen.

Schließen wir Frieden und geben unserem Pferd die Zeit, die es braucht, wieder an uns zu glauben. Schaffen wir neue gemeinsame Erfahrungen! Nur so können wir dazu beitragen, Erinnerung an eine schlechte Vergangenheit langsam verblassen zu lassen. Für eine harmonische Partnerschaft!

Aus Liebe zum Pferd, Eure Ranchgirls

Wanderreiten in Wildwest-Romantik und das mit unseren Jungs!

Wanderreiten in Wildwest-Romantik und das mit unseren Jungs!

Paddocks zur Selbstversorgung

Wir waren wie hypnotisiert! Hattest du schon einmal die Gelegenheit, dein Pferd 24 Stunden am Tag beobachten zu dürfen? Als Einsteller in einem Pferdebetrieb hat man diese Möglichkeit normalerweise nicht! Allein das war eines der vielen wunderbaren Erlebnisse, dass wir während unseres Urlaubes #ranchgirlsontheroad auf der www.stonehillranch.at erleben durften. Nur wenige Meter entfernt, vor der Veranda unserer Blockhütte, waren unsere Pferde in großzügigen Paddocks untergebracht. Bis spät in die Nacht sind wir dort, wie gebannt, bei Kerzenschein gesessen und haben dem Geräusch der mahlenden Kiefer – unterbrochen von tiefen Seufzern – unserer Pferde gelauscht. Die Heuqualität war von allerbester Güte und stand ad libitum zur Verfügung.

Die Woche war anstrengend – aber genial

Über grüne Wiesen

In einer kleinen Gruppe haben wir uns entschlossen einen Wanderreiturlaub, mit fünf eigenen Pferden, im wunderschönen Mühlviertel zu unternehmen. Während des Frühstücks überlegten wir uns jeden Tag eine Route und Zeitstrecke, die wir von Tag zu Tag verlängern wollten. Das war zumindest der Plan! Die Reitwegekarte stellte sich dann doch als große Herausforderung für uns dar. Eine Strecke dir wir geradeaus reiten sollten, unterteilte sich mehrmals in Y-Kreuzungen. Welches Y war jetzt der gerade Weg? Und so kam es wie es kommen musste, die ersten Tage verritten wir uns hemmungslos. Allerdings in einer wunderschönen, naturbelassenen Umgebung mit mystischen Wäldern, romantischen Bächen und sanften Wiesenhügeln.

Das Highlight – der „Kanada“ Reitwanderweg

Durch mystische Wälder

Hier fühlten wir uns tatsächlich wie in Kanada! Unsere Pferde mussten schmale Trampelpfade bewältigen, wo es rechts steil bergab, ca. 50 m tief zu einem gurgelnden Bach hinabging und links steil bergauf, bemooste Stein- und Felsformationen zwischen den Bäumen hervorragten. An manchen Wegabschnitten mussten wir unserer Pferde zu Liebe absteigen, da manche Passagen einfach zu steil und rutschig waren. Zwischendurch legten wir mehrere Verschnaufpausen ein, um unsere Jungs grasen zu lassen.

Klar war auch, dass wir Bäche immer wieder überqueren mussten. Mittlerweile sind beide so gut desensibilisiert, dass sie problemlos über Planen laufen. (Wir wissen, Pferde die nicht gerne über Plastikplanen gehen, tun sich üblicherweise auch schwer, ins Wasser zu steigen.) Aber so ein fließender Bach ist dann doch wieder eine ganz andere Sache! Nach etwas Überredungskunst vom Sattel aus, sprangen Beide am ersten Tag kurzerhand darüber. Aber hey – unsere Einstellung ist folgende: Probleme gibt es nicht, nur Herausforderungen, die wir als Geschenk für eine weitere Vertrauensbildung ansehen.

Die Bewältigung von Bächen – in 2 Varianten

  • Simone entschied sich, Dookydoo vom Boden aus zunächst an der Hand durch den Bach zu führen. Da er ein sehr menschenbezogenes Pferd ist, fühlt er sich an ihrer Seite sicher. Es dauerte eine gewisse Zeit, aber nach ein paar Versuchen vertraute er ihr soweit, dass sie den Bach gemeinsam durchqueren konnten.
  • Barbara entschied sich, Twister – dem herdenbezogen Pferd, einem der „wassersicheren“ Pferde nachgehen zu lassen. Zeigt das vorhergehende Pferd Ruhe, lernt das Nachfolgende schnell, dass man im geheimnisvollen Wasser nicht komplett versinken kann und auch keine Gefahr vor hungrigen Krokodilen droht ;).

    Durch die Furt

    Zur Pferdeschwemme

Die „3-Tage Trainingsregel“ bewahrheitete sich auch diesmal wieder: Den Bach an jedem weiteren Tag bewältigt, war das spiegelnde Wasser am Ende auch kein Problem mehr. Ganz im Gegenteil, Dookydoo konnte dann bereits im Schritt geritten durchmarschieren und Twister begann sogar mit dem Vorderbein wild spritzend im Wasser zu scharren und zu trinken.

Chillen in der Hängematte

Auf dem Reiterwandernetz fanden sich unterwegs immer wieder nette Raststationen, wo man die Pferde absatteln konnte und sich an den regionalen Köstlichkeiten der Bauern laben konnte. Wieder zurück angekommen versorgten wir unsere Pferde und entließen sie noch für ein paar Stunden auf die Koppel. Genial: daneben hingen unter einer Baumallee Hängematten, wo wir – ihr ahnt es schon – sie wieder beobachten konnten.

Am Lagerfeuer

Die wunderschön eingerichteten Blockhütten, mit viel Liebe zum Detail, waren alle mit Küche ausgestattet. Teilweise kochten wir entweder selber, oder nahmen am leckeren Abendessen im Haupthaus teil. Am letzten Abend gab es ein herzhaftes Barbecue mit Lagerfeuer und intensiven Gesprächen unter Pferdemenschen mit neuen, lieb gewonnenen Freunden (Grüße an Mariella & Bernhard an dieser Stelle).

Ein kleiner Schock kam dann am Tag der Abreise: das vollbeladene Auto wollte nicht mehr anspringen – die Elektronik zeigte „Getriebeschaden“ an. Im Geiste malten wir uns schon hohe Reparaturkosten, mühsames hin- und herfahren mit Ersatzwagen etc. aus! Nach 40 Minuten bangen Wartens kam der Fahrer der Pannenhilfe ÖAMTC und brachte unseren Wagen schnell wieder zum Laufen. Die Batterie war so leer, wie überhaupt nur möglich. Jetzt haben wir eine Neue. Ende gut – alles gut 😉

Unser Fazit

Eine tolle Erfahrung, die wir ab jetzt regelmäßig fortsetzen wollen, weil

  • es ist ein echtes Highlight ist, mit dem eigenen Pferd einen Reiturlaub zu unternehmen. Einfach deshalb, weil man mit den Reaktionen des eigenen Pferdes vertraut ist und es dadurch noch ein Stück besser kennen lernt. Und wir das große Glück haben, das sie im Gelände trittsicher (das Extreme Trail-Trainingswochenende war wirklich sehr hilfreich), fein an den Hilfen und einfach mega-brav sind. Wir sind so stolz auf sie!
  • wir wieder neue Herausforderungen bewältigen konnten
  • die tägliche Mediation gleich nach der Morgenfütterung (das Heu hatten wir sogar im Pyjama ;)) in absoluter Stille vor den Paddocks doppelt so gut geht
  • die Kosten überschaubar waren und wir das ganze Paket mit Leib und Wohl so richtig entspannt genießen durften

Aus Liebe zum Pferd,
Deine Ranachgirls

Let`s extreme trail!

Let`s extreme trail!

Ständig suchen wir nach einer neuen Challenge, für uns und unsere Pferde.
Also beschlossen wir, raus aus der Komfort-Zone und rein in das Abenteuer Extreme Trail Park!
Selbstverständlich ist es gemütlich im Alltag in der gewohnten Reitumgebung zu trainieren, aber ohne Herausforderungen erfolgt nun mal kein Wachstum, keine Verbesserung, kein Weiterkommen…

Samstag früh morgens, haben wir unsere Pferde verladen und uns auf den Weg nach Sommerein zur MB-Ranch in Niederösterreich https://www.extremetrail.at gemacht. Dort befindet sich wunderschön, mitten im Wald ein ca. 2,5 ha großer Trail Parcours, der unsere Herzen vor Freude höher hüpfen ließ. Oder war dann doch ein bisschen Aufregung dabei? Direkt nach dem Ausladen, ließen wir unsere Pferde zur Entspannung grasen. Dann aber schnell das Knotenhalfter und die Beinschoner angelegt und schon ging es los. Unter der professionellen Anleitung von Mike Baloun und Janine Petschnig wurden wir kurz eingewiesen und ab ging es, in den angenehm kühlen, schattigen Wald.

Gemeinsam über Stock & Stein!

Am ersten Tag haben wir unseren Pferden zunächst „zum Kennenlernen“ alle Hindernisse an der Hand vorgestellt. So ging es beispielsweise über wackelige Hängebrücken, über dicke Baumstämme, Holzstege in Wellenform, schmale Balance Balken, durch Schluchten, auf engen Graten neben tief abfallenden Canyons, auf steile Hügel – dabei teils sogar erschwerend über umgefallene Bäume bergauf und bergab, über Holztreppen, oder noch schwierigere Steintreppen, auf erhöhte Podeste oder ein wild zusammengestelltes Stangenmikado. Unseres jahrelanges Horsemanship Training kam uns an diesem Wochenende sehr zugute, denn Ziel war es, unsere Pferde mit minimaler Einwirkung jedes Hindernis im Schritt bewältigen zu lassen.

Die unterschiedlichen Pferdetemperamente unserer Jungs

Geduldig durch das Stangenmikado

Zielstrebig über die Hängebrücke

Twister – der Phlegmatiker – dachte wie immer energiesparend: „Bevor ich über diese eigenartige Brücke in Form eines umgedrehten V`s gehe, marschiere ich lieber rundherum. Oder noch besser – ich bleibe einfach mit leidendem Blick davor stehen.“ Es dauerte schon ein paar Hindernisse, bis er einsichtig wurde und verstand, dass er DARÜBER gehen sollte. Danach war der restliche Tag ein Kinderspiel für ihn. Dennoch, große Begeisterung zeigte der typische Phlegmatiker kaum, nur seinem Menschen zu liebe ließ er sich – mehr oder weniger – auf die Aufgaben ein.

Aufmerksam die begrenzte Steintreppe hinab

Folgsam über die Wippe

Dookydoo hingegen – der Sanguiniker – fand große Begeisterung an den unterschiedlichen Aufgaben und bewegte sich aufmerksam mit gesengtem Kopf darüber, um sich alles ganz genau ansehen zu können. Was natürlich sehr vorbildlich war! Jedoch fand er, typisch für ein sanguinisches Pferd, sehr bald Ablenkung. Denn zwischen den Holzplanken der Hindernisse bemerkte er vereinzelt Grashalme, die einfach zu verlockend schmeckten. Dookydoo – unser Schelm, deshalb können wir ihm nie böse sein. So trug er jedes Mal über dem Hindernis, mit einer anderen Blume im Maul, zu unserer Erheiterung bei. Bis zu dem Zeitpunkt, als er sich an einem gerittenen Steilhang bergauf, dem Zügel zu entkommen, einfach auf seine Vorderbeine „kniete“, um die saftigen Kräuter im Wald zu erwischen. Im wahrsten Sinne ein klassisches NO-GO 😉 !

Am zweiten Tag beschlossen wir, alle Hindernisse vom Sattel aus zu bestreiten. Als Melancholikerin war ich etwas unsicher und malte mir im Geist, vorsorglich schon mal mögliche Probleme aus. Völlig überflüssig, denn Theorie und Praxis waren wieder total unterschiedlich.

Überraschung! Mit unseren Gewichts-, Bein- und Zügelhilfen konnten wir die beiden Pferde wesentlich einfacher und feiner über die Hindernisse dirigieren, als am Tag davor. Hin und wieder rutschten sie mit ihren Hufeisen etwas, aber dank der Beinschoner waren sie gut geschützt und Garnichts war passiert.

Und wer jetzt gerne in unser Abenteuer miteintauchen möchte, findet hier Abenteuer Extreme Trail das Video dazu, welches besonders lieber, geduldiger Freund von uns gemacht hat. Danke nochmal an dieser Stelle!

Unser Fazit? 2 Dinge!

  1. Der Extreme Trail eignet sich besonders um Koordination, Kondition (speziell Hinterhand und Rücken) und die Geschicklichkeit der Pferde zu verbessern, aber auch vom geistigen, wurden sie ordentlich gefordert.
    Anm.: Zeitweise war es so steil, dass wir sogar selber beim Führen bergab, einmal am Allerwertesten gelandet sind.
  2. Ganz nebenher fördert das gemeinsame „durch dick & dünn“ Vertrauen und schweißt jedes Mensch-Pferd-Team noch enger zusammen. Und keine Frage, es erfordert zu Beginn vielleicht ein Quantum Mut und eine gute Portion Selbstbewusstsein, sein Pferd über schwierige Hindernisse zu leiten. Aber am Ende dieses Ausflugs,  waren wir voller Glücksgefühl und einfach nur unheimlich stolz auf uns und unsere Jungs!

Aus Liebe zum Pferd,
Eure Ranchgirls

Lovely und die Leichtigkeit des Seins

Lovely und die Leichtigkeit des Seins

Wie verladet man ein Pferd, das sich urplötzlich losreißt und lieber davon galoppiert, sich weigert, in die Nähe eines Hängers zu gehen und Unarten wie rückwärts schieben, steigen, ausschlagen oder abdrängen zeigt?

Ganz abgesehen von der dramatischen Tatsache, dass man meistens in einem nicht abgezäunten Bereich verladen muss. Allein bei dem Gedanken einer wilden Galoppade in straßennahem Gelände, steht man kurz vor der Verzweiflung.

Mithilfe eines soliden Trainingsprogramms!

So haben wir uns entschlossen, Haflingerstute Lovely und ihre Besitzerin Julia unter „die Fittiche“ zu nehmen. Das gesamte Training haben wir live aufgenommen, ab sofort könnt ihr es euch in unserer Video-Bibliothek ansehen!

Briefing & Demonstration

Vor dem Training haben wir Julia um ein kurzes Porträt zu Lovely gebeten. Sie erzählt uns, wie Lovely als Jungpferd aufgrund ihres „Sturschädels“ und „Dominanz“ mit Gewalt – sprich viel mit der Gerte – zurechtgewiesen wurde und davor Angst und Widerwillen zeigt.

Und dann war da noch die unschöne Erfahrung während eines Transportes, wo ihr Auto mit dem Pferd im Hänger auf der Autobahn „den Geist“ aufgegeben hat. Lovely verbrachte viele Stunden im Hänger, bis endlich ein Abschleppwagen da war, das Auto in die Werkstatt gebracht und ein alternativer Zugwagen für die Weiterfahrt gefunden war… Und das eine geraume Zeit auf dem Pannenstreifen der Autobahn, wo die Zugluft der vorbeirauschenden LKW‘s den Anhänger jedes Mal schwanken ließ. Eine traumatische Erfahrung, die auch die sonst so selbstsichere Julia mitgenommen hat. Denn beim Vorzeigen des Verladens, merken wir Unruhe in ihr aufsteigen, die in Ungeduld und Verärgerung gipfelt – und prompt geht alles schief.

Die Checkliste für unser Verladetraining

Wir unterteilen den Verladevorgang in viele, kleine Abschnitte und trainieren diese, eine nach dem anderen, um sie am Ende im Hänger zusammenzufügen.

1. Kommunikation im Roundpen:

Ein eingefriedeter Raum ist bei uns immer der Ausgangspunkt jedes Bodenarbeits-Trainings: hier erfolgt das erste Kennenlernen und die Einschätzung des Temperaments. Lovely ist hochgradig sanguinisch, mit phlegmatischen Anteilen!

Wir prüfen, wie viel Energie sie überhaupt braucht, um sich bewegen zu lassen? Wie steht es um ihr Aufmerksamkeitsfenster und ihre Kooperation? Und wie sieht es mit Vertrauen und Respekt aus?

In den folgenden Tagen haben wir bei der Grundausbildung viel an der Hand, an den Respektfragen gearbeitet. Vorhandweichen, Hinterhandweichen, Rückwärtsweichen und Folgen lassen. Erschwert war die Zusammenarbeit aufgrund ihrer Angst vor Gerten, aus diesem Grund haben wir mehrere Aufgaben zur Desensibilisierung eingebaut und viel mit dem Horsemanship Stick gestreichelt. Schon nach kurzer Zeit beginnt Lovely bereits sehr fein auf indirekte Energie durch Blicke und Körpersprache zu reagieren. So ein cleveres Mädchen 😉

2. Training im Engpass:

In diesem Abschnitt prüfen wir, ob Lovely Platzangst hat? Im Gegenteil, sie zeigt großes Selbstvertrauen, denn Sanguiniker sind super neugierig, Phlegmatiker sehr selbstsicher. Beginnend mit dem Führtraining, setzen wir den wippenden Stick über dem Rücken für ein Vorwärts ein, lassen sie im Engpass anhalten und einige Tritte rückwärts gehen. Man merkt sehr schnell, wie ihr das Training und die damit zusammenhängende intensive Kopfarbeit Spaß macht: Lovely WILL im Kopf beschäftigt werden und wir freuen uns über ihre zunehmende Aufmerksamkeit und Kooperation. Das Führseil wird immer lockerer und sie lässt sich am durchhängenden Seil in alle Richtungen bewegen. Um – vorbereitend für die Rampe – eine andere Bodenbeschaffenheit zu simulieren, legen wir vor dem Engpass eine Folie auf. Nach kurzem Schnuppern und Scharren mit den Hufen, spaziert sie problemlos darüber. Da Julia, aufgrund eines nahenden Termins, selber verladen muß, trainieren wir alle bisher angewendeten Techniken parallel mit ihr.

3. Training neben dem Hänger:

Das Training wird nach draußen verlagert. Julia fühlt sich in allen Techniken mittlerweile sicher genug, um mit uns als Coach an ihrer Seite, mit Lovely weiterzuarbeiten. Wir bauen neben dem Hänger einen Engpass mit Pylonen auf. Wird sie sich wieder losreißen und wie bei der Demonstration  davongaloppieren?
NEIN! Denn alle Übungen, die sie bis jetzt gelernt hat „sitzen“ und Lovely arbeitet aufmerksam mit.

4. Training im Hänger:

Es folgt der letzte Abschnitt: der Weg in den Hänger! Es kann soviel sein: der Geruch, die Optik einer dunklen Höhle, die dumpfen Geräusche, der wackelige Boden… Nur wenn wir erkennen, warum sich unser Pferd nicht verladen lässt, kann dieser Kernpunkt entsprechend trainiert werden. Schritt für Schritt – mit viel Geduld und Gelassenheit – starteten wir unser Training:

  • Zunächst lassen wir Lovely nur mit 2 Hufen auf die Rampe steigen, sie erhält Lob und eine Pause, dann richten wir sie Schritt für Schritt rückwärts
  • Nachdem das klappt beschäftigen wir Lovely im Kopf, indem wir sie in einem Jo-Jo Spiel mal vorwärts/mal rückwärts bewegen, dabei soll sie immer wieder entspannt und ruhig stehen bleiben.
  • Diesen Prozess steigern wir sukzessive: mit 4 Hufen auf die Rampe, mit 2 Hufen in den Hänger, mit dem halben Pferd in den Hänger und schlußendlich stellen wir das ganze Pferd in den Hänger.
  • Besonderes Augenmerk haben wir auf das langsame Aussteigen gelegt, um ein unkontrolliertes Herausstürmen zu vermeiden.
  • Endet der Trainingsabschnitt mit einem schönen Fortschritt, beenden wir die Einheit.
Unser Fazit?

In Lovely’s Fall war das Problem eine Kombination aus waschechtem Widerstand, vielleicht im Zusammenhang mit dem Erlebnis auf der Autobahn und mangelnder Erziehung eines dominanten Pferdes, das sich eine erfolgreiche Untugend angelernt hatte.
Lovely ist zu einem folgsamen, kooperativen Pferd geworden, dass sich über „Kopfarbeit“ riesig freut und sich mittlerweile problemlos verladen lässt.
Julias größte Erkenntnis während unseres Trainings war, wie spielerisch leicht sie ihr Pferd – ohne jeden physischen Druck – bewegen kann.

Das Video dazu und einiges mehr, findest du in unserer YouTube Videobibliothek.

Wir wünschen Beiden eine wunderbare Mensch-Pferd Beziehung und viel Freude auf ihrem gemeinsamen Weg.

Aus Liebe zum Pferd,
Eure Ranchgirls