Warum kommen wir darauf? Im Blog „Versammlung & Meditation“ sprachen wir über unsere psychische, innere Mitte, wenn wir mit unseren Pferden zusammen sind. Jetzt aber geht es um unsere physische inneren Mitte – der Ausbalancierung beim Reiten.
Es begab sich so: unsere Jungs hatten gesundheitliche Probleme!
Dookydoo kam mit seinem neuen Sattel nicht zurecht, er drückte ihn bei schnellen Gangarten in die Lendenwirbelsäule. Twister laborierte mehrere Monate an einer Knieentzündung. Nachdem Beide von der Tierärztin unseres Vertrauens behandelt wurden, erhielten wir für die Phase der Regeneration – also nach dem Führen an der Hand – folgende Anweisungen: schonendes geradeaus reiten, keine engen Wendungen, am besten ohne Sattel! Einerseits musste Dookydoo’s Rücken geschont werden, andererseits musste bei Twister Gewicht reduziert werden, denn ein Westernsattel wiegt schon mal gerne um die 15kg.
Da aber der direkte Kontakt unserer Sitzknochen auf dem bloßen Pferderücken auch nicht optimal sind, Dookydoo noch dazu einen höheren Widerrist hat, ist es auch kein wirkliches Vergnügen, ohne Sattel zu reiten.
Positiv denken!
Also besorgten wir uns Reitpads, wunderschöne gibt’s übrigens zB bei der Pferdeflüsterei und lernten sie für die nächsten Monate lieben. Denn erstens sind sie herrlich leicht, zweitens spürt man jeden einzelnen Muskel des Pferdes und drittens, beginnt man richtiggehend zusammen zu wachsen bzw. fühlt es sich an, als würde man mit seinem Pferd in einer Haut stecken.
Die erste Herausforderung war das Aufsteigen ohne Steigbügel! Hier kam uns eine Übung gelegen, die wir bereits vom Boden aus erarbeitet hatten: „das Pferd seitlich an die Aufstiegshilfe/Zaun heran bitten“. Nach zwei Wochen im regelmäßigen Einsatz, wanderten unsere Jungs schon fast von alleine seitlich an uns heran, sobald wir auf der Aufstiegshilfe standen.
Beim Losreiten begannen wir mit geschlossenen Augen die Schrittfolge unseres Pferdes zu erfühlen. Setzt die Hinterhand des Pferdes an, nach vorne zu treten, senkt sich der Pferderücken. Wir lernten beide mit wesentlich subtileren Gewichtshilfen zu reiten und verbesserten unsere Ausbalancierung gewaltig. Aber unser Durst nach weiteren Tipps war geweckt und wir begannen nach dem Buch, „Reiten aus der Körpermitte“ von Sally Swift, zu trainieren.
Ihre Beschreibungen und Illustrationen sind wunderbar: wir persönlich lieben „Eselsbrücken“ um uns Dinge zu merken – und diese liefert Sally Swift en masse.
Hier nur ein paar Beispiele aus ihrem Buch:
- Mitgehender Sitz im Schritt: stell dir vor, du bist eine Tanne: aus deiner Körpermitte (im Sattel) wachsen Wurzeln in den Boden und dein Stamm strebt in die Höhe
- Die Stärke der Zügelhaltung: stell dir vor, du hältst in jeder Hand ein kleines Vögelchen fest
- Leicht Traben: stell dir eine Sprungfeder vor, die dich bei jedem 2. Tritt am Gürtel nach vorne/oben aus dem Sattel zieht
- Durchparieren: stell dir vor, du lässt eine schwere Eisenkette von deiner Körpermitte durch das Pferd in den Boden sinken/ankern
Das Wissen über die eigene Anatomie und die des Pferdes, einzelne Bewegungsabläufe, unserer eigenen Energie und vielen hilfreichen Übungen haben uns ein schönes Stück weitergebracht. Wen also gerade eine gewisse Lust überkommt, das Buch zu lesen und mit Reitpad auszuprobieren – hier eine klare Kaufempfehlung von uns!
Unser Fazit – alles hat zwei Seiten!
Oder sogar mehrere Seiten?
Betrachten wir also „alles“ immer mindestens aus zwei Blickwinkeln. Für uns war diese Regenerations-Phase unserer Pferde tatsächlich ein wahrer Gewinn! Wir lernten ein besseres Gefühl für Gleichgewicht zu bekommen. Und noch viel besser: mit unserem Körper auf unser Pferd zu hören, um uns stärker zu synchronisieren.
Und Kopf hoch! Auch wenn Corona jeden einzelnen noch einige Zeit weiterhin mit voller Härte trifft, hoffen wir auf einen Frühling und Neuanfang des Gemeinsamen, auf eine neue Lebenseinstellung mit Rücksicht, Achtsamkeit und Wertschätzung im Umgang miteinander.
Alles wird gut 😉
Aus Liebe zum Pferd, Eure Ranchgirls