Versammlung & Meditation

Versammlung & Meditation

Warwick Schiller hat uns in unserem letzten Gespräch empfohlen mit Meditation zu beginnen, um eine tiefere Verbindung mit Pferden aufzubauen.

Gesagt, getan! Noch in den USA haben wir die uns empfohlene App heruntergeladen, das WLAN in jedem Motel strapaziert und (fast) jede Nacht meditiert. Müde wie wir waren, sind wir dabei regelmäßig eingeschlafen, was jetzt auch nicht ganz der Sinn der Sache war. Einmal träumte ich nach einer Meditation sogar höchst kreativ von den Reitern im Film „Avatar – Aufbruch nach Pandora“. Wer sich erinnern kann: dort „verbindet“ sich das Volk der blauhäutigen Na’vi über ihren Zopf mit den Pferden. Ach wäre das schön, wenn es so einfach ginge…

Zurück zuhause und im Alltags-Modus haben wir die Meditation fortgesetzt. Es fällt doch um einiges leichter, wenn man im gewohnten Umfeld frei von jeglicher Ablenkung ist. Ruhe hat und sich fixe Uhrzeiten vornimmt, bei mir jeden Tag vor dem Frühstück. Dauer: 15 Minuten! Ich muss zugeben, zu Beginn habe ich es oft auf „später“ verschoben, weil ich noch „dringende“ Sachen zu erledigen hatte. Ein Telefonat hier, ein Email da, schnell was im Internet recherchieren, bevor ich es vergesse! Fazit – die Meditation fiel an diesem Tag komplett aus. Aber man lernt ja dazu! Im nächsten Monat habe ich mir die „dringenden“ Sachen lieber notiert und gleich mit der Meditation begonnen.

Nur 15 Minuten – eine Investition in uns und unser Leben, die sich in jedem Fall rentiert!

Wo beginnt die Versammlung?

Heute – ein halbes Jahr später habe ich eine spannende Erfahrung gemacht, die ich unbedingt niederschreiben wollte. Am Ende jeder Meditation kommt gewöhnlich die Aufforderung der freundlichen Stimme, gedanklich zu beschreiben, wie man sich jetzt gerade fühlt. Und heute kam mir ein spannender Gedanke in den Sinn: Ich fühle mich „versammelt“! Gelassen, aufmerksam und in meiner Mitte ruhend. Ich weiß nicht, ob du meine Worte aufnehmen kannst, weil Gefühle manchmal schwer zu beschreiben sind. Vielleicht hilft es, diese Worte noch mal in Zeitlupe zu lesen: gelassen! aufmerksam! in meiner Mitte ruhend!

Aber ist das nicht haargenau der Zustand, den wir mit unserem Pferd erreichen möchten, wenn wir es in hohen Lektionen reiten? Wir wünschen uns ein gelassenes, aufmerksames und in sich ruhendes Pferd. Den körperlichen Aspekt lassen ich hier jetzt mal aus, aber – laut Wikipedia umfasst die Versammlung beim Pferd aus ganzheitlicher Sicht: die physische, mentale und emotionale Bereitschaft sich unmittelbar in jede Richtung des Raumes zu bewegen.

Aber wo sind WIR eigentlich geistig, wenn wir mit unserem Pferd arbeiten? Sind wir Menschen beim Pferdetraining auch „versammelt“? Schon beim Aufwärmtraining kann man daran arbeiten: bewusst atmen, den inneren Schwerpunkt im Bauch aktivieren, unsere Gedanken sortieren und auf die geplanten Übungen zu fokussieren. Ganz egal, ob die Pferdekommunikation vom Boden oder vom Sattel aus stattfindet.

Bei unserem Besuch bei Warwick war uns nicht sonderlich klar, was sich durch Meditation in unserem Leben verändern würde. Welche Auswirkung das auf unsere Horsemanship Arbeit und Beziehung mit unseren Pferde haben würde. Wir haben doch bereits eine starke Verbindung zu unseren Jungs!

Ohm!

Jetzt – nach einem halben Jahr Meditation stellen wir langsam erste Veränderungen fest: es ist das wunderschöne Gefühl des stillen Selbstvertrauens und der Ausgeglichenheit, das sich mehr und mehr entwickelt. Und abrufbar wird, wenn man es braucht. Wie ein wunderschöne Knospe, die sich ganz langsam öffnet. Kein schneller Prozess – es braucht seine Zeit.

Unbestritten: das tägliche Training unseres Geistes hilft im Training mit Pferden! Wir lernen unsere Gefühle und unsere Gedanken zu verändern, indem wir uns erlauben, sie aus anderen Perspektiven zu betrachten: negative Erfahrungen, die uns nicht gefallen, gehören nun mal zu unserem Leben dazu – ABER – wir lernen in der Meditation, negative Gefühle los zulassen. Weniger kritisch mit uns und unseren Pferden zu sein. Dadurch fühlen wir uns besser, erleben harmonische Beziehungen mit unseren Tieren und sind mehr im Einklang mit der Welt. Und damit meinen wir nicht nur das Umfeld im Pferdestall, sondern die ganze Umwelt, mit allen Menschen um uns herum!

Aus Liebe zum Pferd,
Eure Ranchgirls

China – im Land der „Pferde des Himmels“

China – im Land der „Pferde des Himmels“

Wer je das große Glück empfunden hat zu wissen, wie es sich anfühlt, sich mit seinem Pferd zu synchronisieren und es mit sanftem Gefühl zu leiten, kann richtiggehend süchtig danach werden. Auf unserer ständigen Suche nach neuem Wissen, wollten wir unsere China Reise mit dem Besuch eines wahren Pferdemenschen kombinieren. Nach einem kurzen Briefing unseres Kontaktes vor Ort, was uns wichtig sei (Historie, typische Pferderassen, Horsemanship Training, etc.) wurden wir in einen Reitstall in Yunnan, Kunmin eingeladen und ein Dolmetscher bereitgestellt.

Die Volksrepublik China hat eine unglaublich lange Tradition: Sie geht tausende Jahre zurück und ist eine der ältesten Zivilisationen auf dieser Welt. Die chinesischen Kaiser erkannten: ein gutes Pferd entschied in der Schlacht über Sieg oder Niederlage. Aus diesem Grund hatte es für die Machthaber sehr früh einen hohen Stellenwert. Pferde findet man beispielsweise im chinesischen Horoskop, auch in der chinesischen Kunst sind sie ein beliebtes Darstellungsobjekt.

Heutzutage ist es so, dass die wachsende, wirtschaftlich besser situierte Mittelschicht den Reitsport wieder kultiviert. Er erfreut sich sogar einer nie dagewesenen Beliebtheit, enorme Geldbeträge werden in moderne Betriebe mit mehreren Reithallen investiert.

#ranchgirlsontheroad
im Land des roten Drachens

Entweder wurde das Briefing falsch übersetzt oder man wollte uns beeindrucken, aber zu unserem Erstaunen landeten wir genau in so einem tip top gepflegten Dressur/Spring-Reitstall. Nach einer Führung durch eine wunderschöne Anlage mit hellen, großen Boxen und viel Einstreu (so hoch – da lacht das Pferdebesitzer Herz), folgte die nächste Überraschung. In der Boxen standen ausschließlich europäische Pferde, vorrangig Hannoveraner. Selbstverständlich wurde ich eingeladen, ein Pferd zu reiten, worüber ich mich sehr freute!

Danach setzten wir uns beim traditionellen Tee auf die Terrasse, um eine Reitstunde am Springplatz zu beobachten. Der Reitlehrer gab seinen Schülern strenge, abgehackte Instruktionen und sparte nicht an Tadel. Mir fiel speziell ein sehr lauter, wild gestikulierender, rauchender Mann am Eingang zum Reitplatz auf. Ein Stallmädchen kam aus dem Stall und brachte ihm das gesattelte Pferd. Nachdem er die Zigarette lässig auf den Boden geschnippt hatte, stieg er mit einem Plumps in den Sattel. Er begann das Pferd am Hufschlag im Schritt zu reiten, wobei er permanent an den Zügeln zog und es mit den Sporen bearbeitete. Nach 15 Minuten versuchte er das Pferd zu traben, es wehrte sich jedoch beständig gegen den Zügel. Sofort ritt er zum Tor und verlangte von dem Mädchen herrisch nach Hilfszügeln, die von ihr angebracht wurden. Nachdem der Kopf des Pferdes in der gewünschten Position fixiert war, setzte er sein „Training“ fort, zog jedoch weiterhin stark am Zügel.

Mein Flashback

Da ich als einzige „Langnase“ – äh Europäerin in dem Stall auffiel, richtete er zwischendurch immer wieder seinen Blick auf mich, als ob er um Bestätigung für sein Vorgehen suchte. Zuerst war ich irritiert, dann entsetzt. Es erinnerte mich an meine Jugend!

Wie oft übernahm ich in meiner Reitstunde, ein bereits vorbereitetes Pferd, aus der Mitte der Bahn. Während des Unterrichts erhoffte ich von meiner Mutter an der Bande Aufmerksamkeit und Beifall. Bei der Autofahrt nachhause folgte eine Nachbesprechung, wo ich hören wollte, wie gute Fortschritte ich schon gemacht hatte. Das Pferd hatte ich zwar „lieb“, aber vom Boden aus war es mir aufgrund seiner Größe dann doch nicht ganz geheuer. Jahre später waren es die Stallfreundinnen an der Bande, denen ich beweisen wollte, wie gut ich war. Die Nachbesprechungen und Ausreden für meine Schwächen lauteten in etwa so: „Imperator“ war wieder so stur, er hat mich nur veräppelt. „Filou“ so nervig, furchtbar hart im Maul. Und „Ellie“ so dermaßen rossig, dass sie super abgelenkt war und ich sie deshalb überhaupt nicht in die Ecke reiten konnte.

Ranchgirls Credo: alles hinterfragen

NIE habe ich damals hinterfragt, wie die Schulpferde gehalten wurden. Wie oft sie auf die Koppel durften (nie). Wofür ich Handschuhe beim Reiten brauchte (gegen Blasen auf den Händen). Wie ich die Gerte richtig gebrauchen sollte (setz dich gefälligst durch). Warum der Reitlehrer in der Mitte der Halle immer nur brüllte und Fragen für mich kryptisch beantwortete (kein Kommentar). Ich kannte es nicht anders und dachte, dass alles so seine Richtigkeit hatte. Ich hoffe inständig, dass heute nicht mehr so unterrichtet wird und beim Pferdetraining mehr Augenmerk auf das Lebewesen und Tierwohl gelegt wird.

Wir möchten an dieser Stelle ein inspirierendes Video anführen: „Der Weg des Pferdes“ -> hier geht’s zum Video!
Es handelt von einer Pferdetrainerin, die ALLES hinterfragt hat! Sie hat Ihren Job aufgegeben, ihre Ranch verkauft und großartige Pferdemenschen auf der ganzen Welt besucht, um echte Antworten auf ihre Fragen zu bekommen.
Dieses Video hat uns bei der Gründung unserer Online-Trainingsplattform www.ranchgirls.at maßgeblich beeinflusst! Denn wir sind der Meinung, der Virus für einen sanften und verständnisvollen Umgang mit Pferden kann nicht oft genug verbreitet werden. Für das große Glück, sich mit seinem Pferd zu synchronisieren und mit sanftem Gefühl zu leiten.

Aus Liebe zum Pferd,
Eure Ranchgirls

All about… Warwick Schiller!

All about… Warwick Schiller!

Auf den Spuren großer Horseman

So weit, so gut!
Teil 2 unserer Weiterbildungsreise führt uns viele Meilen über den Highway nach Norden. Wir sind sehr neugierig, Warwick Schiller (NRHA Reserve World Champion und renommierter Horsemanship Trainer) persönlich kennen zu lernen. Wir sind große Fans seiner „Principles of Training“ auf www.warwickschiller.com und dürfen ihn auf seiner Ranch in Hollister besuchen. Den Termin haben wir bereits vor mehreren Monaten vereinbart – wir sind leicht nervös, ob er sich überhaupt noch daran erinnert? Die Tore zu seiner Ranch sind weit geöffnet und wir fahren auf sein Anwesen. Wir erkennen ihn sofort, er ist gerade damit beschäftigt ein Pferd abzuduschen. Und wie er sich erinnert 😉 …

Auf Tuchfühlung mit den Schillers

Mit ausgebreiteten Armen und breitem Grinsen kommt er auf uns zu und begrüßt uns mit festem Händedruck. Er ist herzlich und gänzlich unkompliziert, Minuten später sind wir mit seiner Frau Robyn und seinem Sohn Tyler ins Gespräch verwickelt. Wir sehen kaum Personal, alle drei arbeiten fleißig auf der Ranch und jeder hat seine eigenen Aufgaben. Wir kommen in den Genuss einer ausführlichen Führung und Warwick stellt uns seine Pferde vor: Bundy und Sherlock kennen wir aus seinen Videos bereits sehr gut. Auf seiner gepflegten Ranch befinden sich ein großer Reitplatz, ein Roundpen, ein Stallgebäude mit 6 Boxen mit Paddocks und mehrere eingezäunte Koppeln.

Im Anschluss führen wir unser vorher angekündigtes Video-Interview mit ihm, dass wir immer im Rahmen unserer Pferdereisen #ranchgirlsontheroad mit beeindruckenden Pferdemenschen drehen. Abends freuen wir uns über die persönliche Einladung der Schillers zum Abendessen, wir sitzen gemütlich im kleinen Kreis im Freien und essen Pizza. Die nächsten Tage bringen wir damit zu, verschiedene „Problempferde“ zu analysieren und Techniken beziehungsweise Übungen kennen zu kennen zu lernen, um Besitzer wie Pferd zu helfen.

Warwick Schiller im Portrait

Geboren und aufgewachsen in Australien, begann er schon als kleiner Junge zu reiten. Fasziniert vom Westernsport, beschloss er Anfang 20 für ein Jahr nach Amerika zu gehen. „Ich wollte die wirklich coolen Manöver wie Spins, Slidingstops und Rollbacks lernen“, erzählt uns Warwick Schiller. Das Rückflug Ticket nach Sidney bereits in Händen, erhielt er spontan ein verlockendes Angebot als Pferdetrainer in Kalifornien zu arbeiten. Er musste nicht lang überlegen und kehrte seiner Heimat Australien den Rücken, um seinen Traum als Pferdetrainer in Erfüllung gehen zu lassen. Mittlerweile lebt er mit seiner Frau Robyn, zwei kleinen Hunden und seinen Pferden auf seiner eigenen Ranch, mit einem hübschen Reitplatz, einem großen Roundpen, mehreren Paddocks und Koppeln. Heute arbeitet Warwick mit Pferd und Reiter aller Disziplinen. Sein großes Talent ist die Fähigkeit, sein Wissen leicht verständlich und gespickt mit amüsanten, aber anschauungsgetreuen Beispielen zu vermitteln.

Neues Mindset: eine veränderte Trainingsphilosophie

Als Pferdeausbilder trainierte er viele Jahre erfolgreich auf der Grundlage des klassischen Natural Horsemanship mit autoritärem, aber fairen Zugang und positiver Verstärkung. Mittlerweile legt er bei jeder Begegnung mit Pferden großen Wert darauf, eine emotionale Verbindung zu aufzubauen. Wie er das anstellt? „Die große Kunst ist dem Pferd zuzuhören und seine Botschaften richtig zu lesen, anstatt vermenschlichte Geschichten in ihre Reaktionen hinein zu interpretieren.“

Botschaften, die sich in zahlreichen, winzig kleinen Reaktionen ausdrücken, sobald er mit einem Pferd arbeitet: Die Veränderung der Position der Ohren, die Blickrichtung, die Bewegungen um das Pferdemaul und Nüstern, die Konsistenz der Muskeln, die Aktion der Hufe, die Bewegung des Schweifs etc. Imposant, wie er nach jeder gestellten Aufgabe die Fähigkeit besitzt, all diese Reaktionen beim Pferd in Sekundenschnelle, gesamtheitlich zu interpretieren und entsprechend darauf zu reagieren.

Warwick Schiller verfügt über die wertvolle Eigenschaft, in jeder Situation ruhig und gelassen zu bleiben. Bei allen Antworten der Pferde nach einer Aufgabe gibt es für ihn kein „richtig“ oder „falsch“. Immer nur ein „besser“ oder ein „schlechter“, wobei er jedes „besser“ immer sofort mit einer langen Pause belohnt.

Das Training

Im Laufe vieler Jahre hat Warwick eine Liste mit zwölf Ausbildungsgrundsätzen, den „Principles of Training“ zusammengetragen. Jedes „Problem“ mit einem Pferd, kann auf Basis dieser Prinzipien gelöst werden. Meditation hat vieles in seinem Leben verändert! Es geht um Achtsamkeit, dem Pferd zuzuhören und dem Faktor Zeit, dem Pferd mit Geduld zu begegnen. Wieder ist es die Atmung, die uns im Pferdetraining begegnet: bei „besseren“ Reaktionen belohnt Warwick, zusätzlich zur Pause, mit einer tiefen Bauchatmung. Die Reaktion ist bemerkenswert, die Entspannungssignale zeigen sich bei den Pferden innerhalb kürzester Zeit. Jetzt heißt es nicht stören und dem Pferd Zeit lassen, um den Prozess nicht zu unterbrechen. Tatsächlich „übernimmt“ dann der Parasympathikus – der „Ruhe- oder auch Erholungsnerv“ – beim Pferd das Ruder: Angst, Nervosität oder Anspannung werden zunehmend abgebaut. Erst im entspannten Zustand ist das Pferd lernbereit und kann sich besser auf uns konzentrieren.

Die Kraft der Vorstellung

Allein die mentale Vorstellung jeder Aufgabe als erste Energiestufe, vor der schrittweise gesteigerten physischen Hilfengebung, trägt bei regelmäßigem Training dazu bei, das Pferd später subtil und scheinbar nur mehr mit Gedanken zur gewünschten Aktion zu bewegen. Im Umgang mit dem Pferd wirkt es tatsächlich so, als könnte Warwick Pferde nach mehreren Wiederholungen der Aufgabe durch seine bloße Vorstellungskraft bewegen. Dazu nutzt er die mentale Vorstellung zunächst als erste Energiestufe, um dem Tier eine Aufgabe zu stellen. Danach steigert er die physischen Hilfen schrittweise, bis es reagiert. Diese Hilfen fährt er nach und nach wieder zurück – bis das Pferd sich scheinbar allein auf Basis seiner Gedanken bewegt. Nur wer bei der Arbeit mit dem Pferd konzentriert bei sich und dem Tier ist, darf auch von seinem vierbeinigen Freund die volle Aufmerksamkeit erwarten.

Unser Fazit: Es waren anstrengende, heiße, aber wieder sehr lehrreiche Tage für uns. Wir sind sehr dankbar, Warwick persönlich kennengelernt und erlebt zu haben. Und weil es so schön war, gönnen wir uns danach ein paar Tage Entspannung! Wie? Selbstverständlich am Strand, aber nicht ohne Pferde! Wir können einfach nicht anders…

Beachride in Santa Barbara, Kalifornien

Das Interview

Warwick Schiller – ein #grossartigerpferdemensch ganz persönlich im Interview, mit spannenden Einblicken über seine Veränderung als Trainer und Horseman! Das ganze Interview mit deutschen Untertiteln kannst du dir hier ansehen.

Die Bestandteile des Videos:

  • Wie sieht dein Pferde-Werdegang aus?
  • Welchen Rat würdest du heute deinem „14-jährigen Ich“ in Bezug auf Pferde mitgeben?
  • Wann empfiehlst du NHS bei Pferden?
  • 3 Ratschläge an (zukünftige) Pferdebesitzer?
  • Was begeistert dich an deiner Arbeit mit Pferden?
  • Wer hat dich in deinem Pferdeleben am meisten beeinflusst?
  • Was ist das Schönste an deiner Arbeit mit Pferden?

Aus Liebe zum Pferd, Eure Ranchgirls

Kennst du die Beruhigungssignale deines Pferdes?

Kennst du die Beruhigungssignale deines Pferdes?

Kannst du die Körpersprache deines Pferdes lesen? Wie würdest du es interpretieren, wenn du auf der Koppel auf dein Pferd zugehst und es plötzlich wegschaut. Denkst du, es ist abgelenkt oder gar respektlos? Oder angenommen, es beginnt zu gähnen, ist es dann müde oder eher gelangweilt?  Oder wenn es sich extrem langsam vorwärts bewegt, ist es dann faul? All das sind starke Hinweise von unseren Pferden, aber verstehen wir sie auch richtig? Oft werden diese kleinen Signale fälschlicherweise als Ungehorsam oder Widerstand interpretiert.

Pferde sind stumme Lebewesen, aber ihre Sinne sind um einiges schärfer als unsere. Das sollte uns in jeder Situation bewusst sein. Egal ob wir neben unserem Pferd stehen oder in seinem Sattel sitzen. Jeder von uns weiß, wie eindeutig die Kommunikation untereinander in der Herde erfolgt, aber leider übersehen wir oft die feinen, minimalen Gesten. Sei es aus Unwissenheit oder weil einfach die Zeit oder die Bereitschaft fehlt, genau hinzuhören. Aufgrund unserer Intelligenz halten uns zwar für „die Krone der Schöpfung“, nehmen uns aber viel zu wenig Zeit zu beobachten, uns einzufühlen und wahrzunehmen.

Pferdebotschaften für Beruhigungssignale

Wohin geht der Fokus des Pferdes?

Pferde sind in der Lage ein sehr breites Spektrum an Information beruhigender Signale zu vermitteln. Das kann beispielsweise Wegschauen, seitliche Ohren, Gähnen, Strecken, Lippenlecken oder Fressen sein. Sie zeigen diese Signale zeigen, wenn sie Stress bekommen und Stress „auflösen“ wollen. Nicht nur bei sich selber, sondern auch dem Pferd oder Menschen gegenüber. Die Botschaft dahinter lautet „Bitte senke deinen Stresslevel – dein Energielevel ist zu hoch für mich“!

Entspannungssignal oder vielleicht Stressabbau?

Und was machen wir Menschen gerne? Wir ziehen unsere Pferde am Halfter zurück und zwingen sie in unsere gewünschte Position. Wir ignorieren ihre Botschaft und erhöhen stattdessen einfach unsere Lautstärke, weil wir der Ansicht sind, dass sie uns nicht zuhören. Mittels Lautstärke in unserer Stimme (was leider in der menschlichen Natur liegt), oder „Lautstärke“ in unserem Handeln.

Wie geht es denn eigentlich uns damit, wenn wir auf Menschen treffen, die laut oder aggressiv sind? Also ich neige erstmal dazu mich etwas zur Seite zu drehen um aus „der Schusslinie“ zu kommen und betreten wegzuschauen. Für mich persönlich ist es ein richtiger Horror, wenn mich ein aggressiver Mensch bedrängt oder gar lautstark zu schreien beginnt. Nun, die Menschheit ist aber leider so, lieber wählen wir Aggression und beginnen Kriege. Aber ist das eine angemessene Reaktion eines guten Pferdemenschen? Definitiv nicht, denn auf lange Sicht werden wir einen Kampf mit mehreren 100 kg Lebendgewicht immer verlieren.

Bewusstes, richtiges Atmen

Also sollten wir damit beginnen, Vertrauen in unser Pferd aufzubauen, indem wir lernen, diese Signale zu respektieren oder sogar zu belohnen. Eine tolle Methode Stress zu reduzieren, ist sich unseres Atems bewusst zu sein. In unserem Training arbeiten wir sehr stark mit unserem Atem: Einatmen – um unser Pferd in eine schnellere Gangart zu bringen, Ausatmen – um es in eine langsamere Gangart zu bringen, tief und ruhig Atmen – um eine friedvolle und einladende Stimmung um uns zu schaffen. Noch ein großer Vorteil: wer tief ein- und ausatmet, kann nicht quasseln, sondern einfach nur still sein und seine eigene Aura erspüren. Die Verwendung unseres Atems ist ein unglaublich starkes Hilfsmittel, auf das alle Pferde achten, viel mehr, als wir ahnen.

Jedes Pferdetemperament zeigt Signale anders

Es braucht einige Zeit – vor allem eine ruhige Zeit – bis wir die Körpersprache unseres Pferdes lesen lernen. Abhängig von ihrem Temperament (plus die Erfahrungen aus ihrer Vergangenheit) sind sie recht unterschiedlich. Der verschlossene Melancholiker zeigt beim Abholen von der Koppel wahrscheinlich sehr wenig Signale, aber das können wir fördern, indem wir ihn für überschwänglich belohnen. Ihn damit einladen, mehr mit uns zu kommunizieren. Der panische Choleriker wird unter Umständen sehr dankbar darauf reagieren, wenn man beim ersten Anzeichen seiner Beruhigungssignale einfach stehen bleibt und Abstand hält. Vielleicht sogar ein Stück rückwärts geht, um ihm mehr Raum und letztendlich Frieden anzubieten. Wie lange es wohl dauert, bis er den Blick wieder zu dir richtet und du deinen Weg weiter fortsetzen kannst? Ich wette, nicht sehr lange. Probieren geht hier über Studieren!

Aus diesem Grund geben wir unseren Pferden vor der Freiarbeit im Roundpen auch immer mehrere Minuten Zeit, bevor wir mit den Aufgaben beginnen. Eine wertvolle Zeit, um unser Pferd zu beobachten, wahrzunehmen und zu lesen. Es ist nun mal so: die Grundlagenarbeit für eine gute Kommunikationsfähigkeit können wir nur vom Boden aus erlernen, damit wir mit einem besseren Verständnis reagieren können. Und diese Erfahrungen dann parallel vom Sattel aus für ein harmonisches Miteinander weiter anwenden können.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Beobachten eures besten Freundes!

Aus Liebe zum Pferd,
Eure Ranchgirls

„Try to feel the horse“ – aber wie geht das?

„Try to feel the horse“ – aber wie geht das?

Tom Dorrance beschreibt in seinem Buch „True Unity“ – eine der Bibeln aller Pferdemenschen – wie man als Basis für eine gute Mensch-Pferd Beziehung versuchen muss, Pferde zu fühlen. Er war einer der ganz großen Begründer des modernen Natural Horsemanship und hat vielen Menschen mit ihren Pferden geholfen. Aber wie schwierig erscheint es beim Lesen, den einfachen Worten eines Cowboys zu folgen und sie auch zu verstehen.

Sein Fazit ist, das man nicht einfach mit Standard Reaktionen auf ein Pferd reagieren kann. Im Gegenteil, er beschreibt, wie man als Trainer – und das sind wir als Pferdebesitzer rund um die Uhr – auf unterschiedliche Situationen reagieren muss. Wie wir lernen müssen, uns auf unser Gefühl zu verlassen, das tief aus unserem Inneren kommen soll. Tom Dorrance hat versucht, vielen Menschen Richtungen zu weisen, sie zu unterstützen und zu ermutigen. Aber seiner Meinung nach konnte dieses Gefühl nur von der jeweiligen Person selber kommen, auf das sie sich während ihrer Arbeit verlassen soll.

Wo beginnt gute Horsemanship?
Letztens konnten wir eine interessante Beobachtung machen. Eine Bekannte wollte uns ihre Fortschritte bei der Bodenarbeit mit ihrem Pferd demonstrieren. Sie zeigte zahlreiche einstudierte Übungen mit ihrem Pferd, in die sie ohne Zweifel viel Zeit investiert hatte. Allerdings ohne auf die Reaktionen des Pferdes zu achten. Ihr Pferd spulte die Aufgaben zwar ab, reagierte jedoch mit angelegten Ohren, schnappte nach ihr, versuchte sie zwischendurch zu verdrängen und konnte kaum eine Sekunde stillstehen. Nach jeder Übung drehte sich die Pferdebesitzerin nach uns um und lächelte uns zu. Sie war der Meinung, alles richtig gemacht zu haben.

Ich denke, es ist der ganzheitliche Blick, den Tom Dorrance so gut beschreibt. Er hat unendlich viel recherchiert, um das Wort „feel“, also Gefühl, für uns zu beschreiben. Keine der Definitionen hat ihn wirklich befriedigt. Er beschreibt es als grundlegendes Gefühl für „mind, body and spirit“, also Gefühl für Gemütszustand, Körper und Geist. Ich würde noch das Verständnis für die Natur und Instinkte des Pferdes hinzufügen, aber sicherlich hat der schlaue Pferdeflüsterer das ohnehin in seinen Worten miteinbezogen.

Er versucht uns in dem Buch zu ermutigen, unsere Pferde nicht nur zu reiten, sondern ein Fundament vom Boden aufzubauen. Denn wenn das Zusammenspiel vom Boden aus nicht funktioniert, wird NICHTS mit dem Pferd funktionieren. Am Boden können wir anfangen zu arbeiten und es geistig dort abholen, wo es gerade steht: vielleicht versteht es uns nicht, vielleicht ist es aber auch total gelangweilt oder einfach nur beunruhigt.

In seinem Buch bemerkt er kritisch an, dass die meisten Pferdebesitzer genau das Gegenteil machen: Sie arbeiten nicht daran, wo das Pferd gerade steht, sondern daran, wo sie selber gerade stehen. Oder sind auf der Suche nach einer schnellen Quick-Fix-Lösung für ein spezielles Problem. Mein Pferd macht dies oder das – und in den Augen der Besitzer war es immer die Schuld des Pferdes. Viele seiner Kunden befanden sich rein auf der oberflächlichen Suche nach der einen Antwort.

Lerne dein Pferd zu lesen
Listen to your horse“ – dieser Satz stammt ebenfalls von Tom Dorrance, wir haben ihn schon unendliche Male von professionellen Pferdetrainern gehört, zuletzt auch auf unserer Tour #ranchgirlsontheroad. Pferde können ihre Emotionen so deutlich mit ihrer Körpersprache ausdrücken. Es gibt so viele Anzeichen darüber, wie sie sich tief in seinem Inneren mental fühlen. Aber wir müssen lernen, das zu erkennen und zu fühlen.

Währen der Freiarbeit im Roundpen mit meinem Pferd Dookydoo kann ich genau spüren, wo ich ihn geistig abholen muss. Mit seinem verspielten und neugierigen Temperament lege ich zwischen unseren Übungen immer wieder Spaßeinheiten für ihn ein. Lange Pausen langweilen ihn schnell, er liebt es beschäftigt zu werden. Dann laufen wir beispielsweise im Slalom um Pylonen herum, wo er vor Freude zwischendurch den Kopf in die Höhe wirft und kleine Luftsprünge einbaut. Es ist der klassische Übermut, wobei er sehr genau aufpasst, mich nicht mit seinen Hufen zu berühren. Lässt er einmal eine Pylone aus, bestrafe ich ihn nicht mehr so wie früher, indem ich ihn strengen Blickes sofort nochmals um das Hindernis schicke. Das hat bloß dazu geführt, dass ich mich geärgert habe und Dookydoo verunsichert war. Mein Gefühl sagte mir, dass ich eine neue Strategie entwickeln musste: heute tue ich einfach so, als ob ich das Hindernis absichtlich nicht gefordert hätte. Dann blickt er verwundert zu mir und fragt mit seinem Blick und seinen Ohren: „Echt jetzt, war das jetzt wirklich richtig?“ Mit einem Lächeln auf den Lippen antworte ich „Ja“ und wir arbeiten frohen Sinnes weiter.

In unserem Online-Trainingsprogramm legen wir großen Wert darauf, ein „Gefühl“ für unser Pferd zu entwickeln. Wir zerlegen es sogar in direktes und indirektes Gefühl. Spätestens hier ist es einfach zu verstehen und zu erlernen. All das dauert seine Zeit und funktioniert nur, wenn man ohne Angst, selbstsicher und mit Freude an diese Zusammenarbeit herangeht. Wie ein einer echten Beziehung zu unserem Lebenspartner!

Wir wünschen euch viel Spaß mit eurem besten Freund!

Aus Liebe zum Pferd,
Eure Ranchgirls